Sonntag, 26. August 2007

Gedankengänge zu aktuellen Entwicklungen


Ja da hauen sie alle ab, so schnell kann das alles gehen. Ist nicht wirklich lange her, da sitzen si alle noch in der schwäbischen Industrieprovinz, drücken die Schulbank in der Perle des Filstals und träumen von der großen weiten Welt. Kaum dreht man sich um, passt mal kurz nicht auf oder ist für ne Weile weg, da verteilen sie sich alle in dieserjener großen weiten. Erst erweitert sich der Horizont in die verschiedenen Ecken und Zentren - geistig, wirtschaftlich und kulturelle - des großartigen südwestdeutschen Bundeslandes, oder gar noch weiter über tiefe kulturelle Klüfte hinüber gleichmäßig über die wiedervereinigte Republik.

Und jetzt kaum ist man selbst ein Stück weg, am Ende der Welt dem Punkt von wo aus man nicht mehr weiter weg gehen kann, um geographisch zu sprechen. Weil es keine Möglichkeit gibt seinen eigenen Tellerrand - reisenderweise jedenfalls - weiter zu dehnen ohne von irgenwoher gewaltige Zuschüsse zu bekommen oder im Lotto zu gewinnen. Wie man sich also versieht, sind sie verteilt, auf allen möglichen Kontinenten, oder sie sind auf dem besten Wege dorthin. Hinaus über sämtliche sieben Weltmeere und alle anderen die man seither entdeckt beziehungsweise definiert hat. Und die arme große Koalition in Berlin oder in ihrer Sommerresidenz im Grünen leidet unter Fachkräftemangel, da gluckert er, der Brain-Drain. Wo es wohl herkommt? Die meisten kommen wohl schon zurück, aber die Möglichkeiten sind größer geworden. Und in diesem 21. Jahrhundert da geht das alles so schnell und unkompliziert. Mails schreiben geht von jeder Seite von jedem Ozean gleichschnell wie von Baden nach Württemberg, telefonieren kann man umsonst, solange das System nicht zusammenbricht - aber früher soll es auch begrenzte Leitungskapazität gegeben haben, und nicht nur von einem Teil Deutschlands in den anderen. Und dank einfallsreichen Post-dot-com-Startuppern kann man seinen Senf auch noch problemlos extrem schnell global lesbar machen. Mit Bildern, bunt und in Farbe.


Der Ball schrumpft und schrumpft, man kann ihm geradezu dabei zusehen. Und selbst das fliegen ist heutzutage so unkompliziert und teilweise fast billig, dass es in keinem Verhältnis mehr zu steht. Die wirklichen Billig-Flieger, also die die einen geradezu bezahlen noch nach London-Stanford zu fliegen, haben sich bisher nur in Europa durchgesetzt, aber auch Down-Under bewegt es sich. An sich ist es kein großes Ding schnell irgendwohin zu kommen. Das einzige was nervt sind Grenzbeamte, Kontrollen auf Dinge die der jeweiligen nationalen Sicherheit Schaden zufügen könnten wie Schuhbomben, Taschenmesser, Wasserflaschen, Deos, Zahnpasta, Äpfel, unpasteurisierte Milch oder anderes Teufelszeug. Oder Formulare über wann und wo und wohin und wieso und den etwaigen Aufenthalt im ländlichen Raum oder Mitgliedschaft in Terrorzellen oder Schurkenregierungen. Aber an sich kann einem das heute alles nichts anhaben, solange man das Glück hat in Europa, Nordamerika oder einer der vielen verstreuten ehemaligen britischen Kolonien geboren, heller Hautfarbe, und nicht der - sicherlich in Deutschland auf keinen Fall überhaupt nicht existenten - Unterschicht angehörig zu sein. Wenn dies alles also zutrifft oder jeweils nicht, und manchmal der Geduldsfaden lange genug ist, dann ist die Welt hier im Jahre 2007 ziemlich klein und wird immer kleiner.






Dort oben, links hinter der Gruppe großer Bäume, welche unser Nachbar neulich zum Wohle meiner Aussicht geschnitten hat sitze ich und schaue hinaus auf Wellington Harbor.